10. November 2022 |
Ich bin herzoperiert, nicht krank!

Dieter P, 58 Jahre

 

Bereits seit seiner Jugend weiß Dieter, dass er einen angeborenen Mitralklappenprolaps sowie das WPW-Syndrom hat. Bei seiner Mitralklappe wölbte sich das Klappensegel in den linken Vorhof hinein, was ihm in jungen Jahren keinerlei Beschwerden verursachte. Das WPW – Syndrom, eine zusätzliche Erregungsleitung zwischen den Vorhöfen und Herzkammern spürte er dagegen sehr wohl. Häufig litt er unter Herzrasen. Seine Familie nahm seine Symptome nicht besonders ernst, wahrscheinlich auch, weil sein behinderter älterer Bruder viel Aufmerksamkeit benötigte.

Trotz Erkrankung führte Dieter ein fast normales Leben. Er studierte, fing an zu arbeiten, gründete eine Familie. Täglich trainierte er 30 min auf seinem Hometrainer, doch manches war ihm verwehrt. Aufregung und psychischer Stress lösten bei Dieter Herzrhythmusstörungen aus. Sobald es hektisch wurde, kam sein Herz aus dem Rhythmus und er musste seine Notfalltabletten einnehmen. Auf Fernreisen, den Traum vom Fallschirmsprung sowie auf Vorträge in seinem beruflichen Umfeld musste er daher verzichten.

Mit Anfang 50 ging es Dieter rapide schlechter. 2018 teilte ihm seine langjährige Kardiologin mit, dass es nun Zeit ist, die Mitralklappe und auch die Trikuspidalklappe, beide mittel – bis hochgradig erkrankt, zu reparieren. Dieter wurde von seiner Kardiologin zum Herzultraschall ins Kaiser-Franz-Josef Spital geschickt.

Jetzt, wo die Operation in greifbarer Nähe war, begann sich Dieter intensiv mit seiner Krankheit und der Behandlung, der Herzklappen-OP, auseinanderzusetzen. Mit einem Psychotherapeuten arbeitete er seine Ängste vor der Herz-OP auf. Zudem informierte er sich über Herzchirurgen und fragte auch seinen Cousin, einen Anästhesisten, der im AKH arbeitet, um Rat. Dieser empfahl ihm Prof. Wisser, Herzchirurg im AKH. Bei der OP-Besprechung in der Privatordination sagte ihm Prof. Wisser, dass er versuchen würde, beide Klappen minimal invasiv zu reparieren.

Kurz vor Pfingsten 2019 war der OP-Termin angesetzt. Dieter wurde abends auf die OP vorbereitet – doch am nächsten Morgen wurde diese abgesagt – Personalmangel. Ganze 14 Tage stand Dieter insgesamt auf Stand-by, abends OP-Vorbereitung, morgens OP-Absage. Nur über die Pfingstfeiertage konnte er nach Hause. „Diese tägliche Ungewissheit, gepaart mit meiner Angst vor der Herzoperation, waren ein Horror!“

Die OP selbst verlief dann optimal. Minimal invasiv reparierte Prof. Wisser Mitralklappe und Trikuspidalklappe. Die Mitralklappe wurde mit der Anulopolastik rekonstruiert, bei der ein „Reparaturring“ eingesetzt wird, damit die erhaltene Mitralklappe wieder besser schließt. Zudem wurden die Sehnenfäden der Mitralklappe durch künstliche Fäden ergänzt.

Der Einschnitt unter der Brustwarze ist kaum zu sehen. „Prof. Wisser, sein Team und die Intensivschwestern waren spitzenmäßig!“

Nach der OP entwickelte sich bei Dieter Vorhofflimmern, das mit einer medikamentösen Schmerz- und Rhythmustherapie behandelt wurde. Nach 10 Tagen wurde er nach Hause entlassen.

Nach der Entlassung litt Dieter noch immer unter intermittierendem Vorhofflimmern, leider unerkannt. Erst in der REHA, die Dieter 10 Tage später antrat, wurde dies behandelt – leider nicht optimal. Nach der REHA musste Dieter noch einmal in die kardiologische Ambulanz. Dort wurde sein Vorhofflimmern mit elektrischer Kardioversion behandelt. Da Dieter vor der OP nicht unter Vorhofflimmern litt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass er kein Vorhofflimmern mehr bekommt.

Zweieinhalb Monate nach seiner OP ging Dieter wieder arbeiten, dies war beruflich nicht anders möglich. In dieser Zeit litt er noch stark an Albträumen, die mit seiner Herz-Operation begangen. Erst nach 3 Jahren flachte sein posttraumatische Belastungsstörung ab.

„Es war ein super harter Weg. Er kostete viel Substanz, nicht nur beruflich. Man merkt zudem erst nachher, wieviel die Leistungsfähigkeit bereits nachgelassen hatte.

Heute fühle ich mich anders, viel besser. Ich spüre mein Herz nicht mehr, nicht mehr die einzelnen Herzschläge. Ich bin „herzrobuster“ geworden. Jetzt macht mein Herz alles mit. Das fühlt sich unheimlich gut an! Ich kann Vorträge halten und vielleicht wage ich bald einen Fallschirmsprung!

Das Einzige, was mir von der OP geblieben ist, ist meine Wetterfühligkeit. Mein Herz spürt jeden Wetterumschwung, so wie man es auch von tiefen Narben kennt.“

 

 

Ziel unseres Vereins ist, mehr Bewusstsein für Herzklappenerkrankungen in Österreich zu schaffen und somit langfristig die frühzeitige Erkennung und erfolgreiche Behandlung zu fördern.

Wir möchten informieren, Betroffene unterstützen, Menschen zusammenbringen, Wissen zur Krankheit vermitteln und somit mithelfen, unnötige Herzklappen-Tode zu vermeiden.

Möchten Sie unsere Arbeit unterstützen? Dann werden Sie noch heute Mitglied!

* Pflichtfelder